Himmelfahrt

Himmelfahrt

Die Geschichte der Burg Schönstein ist an anderer Stelle beschrieben. Eng damit verbunden ist das Schönauer Himmelfahrtsfest, das von Else Wissenbach in einem Zeitungsartikel am 21.05.1955 wie folgt beschrieben wurde:

„Alle diese geschichtlichen Vorkommnisse drängen sich dem kundigen Besucher auf, wenn er sich von der Ruine Schönstein auf dem Fahrwege, der am Schlossberg entlang zieht, im hohen Buchenwald nach Schönau hin wendet und zu einem schon lange genutzten Tanzplatz kommt, auf dem alljährlich das Himmelfahrtsfest als Volksfest gefeiert wird. Hier umstehen 12 Buchenstämme einen Platz und überwölben ihn gleichsam mit einer Buchenkuppel; in seiner Mitte wird ein rundes Podium mit Tannengrün bekleidet errichtet für die Musikanten und der Tanzboden ringsum mit Tannennadeln geglättet, während die Sonnenreflexe über den Waldboden spielen.

Alljährlich seit Menschengedenken ziehen die Schönauer, jung und alt, nach dem Himmelfahrtsgottesdienst am frühen Nachmittag mit einer Musikkapelle voran, die Kinder mit bebänderten Flaschen in den Händen, zum Schlossberg, um sich dort ihrem Himmelfahrtsfeste und dem Tanze hinzugeben. Der mündlichen Überlieferung nach geht dieses Fest in seinem festgelegten Ablauf auf die Zeit der Hörigkeit zur Burg Schönstein zurück; an diesem Tage feierten die Hintersassen (Anm.: Knechte, Mägde, Diener), befreit von allen Dienstleistungen ihr Fest. Auch sagte man, dass die Pfleglinge in Haina dann Wein zu trinken bekämen, einmal im Jahr!

Alle Jugend, und nicht nur diese der umliegenden Dörfer, strömt zum Schlossberg nach Schönau. Die Kirchenältesten sowohl wie die Kleinkinder sind fröhlich im Buchendome versammelt. Neben den alten Tänzen haben sich bereits Importwaren eingebürgert, die jungen Mädchen tragen die modernsten, städtischen Kleider der H-Linie, sind sonnengebräunt und dauergewellt. Früher war es meist Schicksals-Tücke, dass der Wettergott eine Dusche gab ins hellste Vergnügen, dann konnten neue Florentiner Hüte mit großen Klatschmohnblüten, die noch nicht licht- und waschecht gefärbt waren, das ganze Festkleid verderben. Möchte es dieses Jahr ein reines Vergnügen aller Freunde des Schönstein werden, bis zu den Kleinsten hinunter, denen die dort aufgebauten Zuckerbuden noch der Inbegriff aller Seligkeit sind.“

Blaskapelle auf dem Weg zum Schloßberg (1970er)
Soweit der Bericht der Gemündener Chronistin Else Wissenbach. Bis zu welchem Jahr die Tradition des Schönauer Himmelfahrtsfestes zurückgeht, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Sehr wahrscheinlich ist, dass der Ursprung des Festes viele hundert Jahre alt ist, da die mündlichen Überlieferungen auf einen Festtag hinweisen, der im Zusammenhang mit dem Kloster Haina steht. In der urkundlichen Ersterwähnung des Dorfes Schönau im Jahr 1264 wird von einem Streit berichtet, der von dem Verkauf des Dorfes und seiner Güter an das Kloster Haina berichtet. Möglicherweise liegt der Ursprung des Festes in dieser frühen Zeit ?

Gehen wir zurück zum ehemaligen Festplatz. Die vorab beschriebene Tradition des Herrichtens des Platzes wurde bis zum letzten Himmelfahrtsfest auf dem Schlossberg im Jahr 1977 beibehalten. Die 12 Buchen sind altersbedingt nicht mehr alle vorhanden, aber das mittlerweile denkmalgeschützte Rondell wurde wie früher hergerichtet und mit Fichten- oder Birkenzweigen umkränzt. Für den Tanzkreis um das Rondell wurden nach alter Tradition mit Säcken die Tannennadeln herbeigebracht. Die älteren Einwohner Schönaus wissen zu erzählen, dass durch das Tanzen an den heißen Himmelfahrtstagen über dem Wald eine Staubwolke stand, als wenn eine Dreschmaschine in Betrieb wäre. In der guten alten Zeit wurde auch für den Besuch des Himmelfahrtsfestes kein Eintritt erhoben, aber wenn der Bursche sein Mädchen zum Tanz der Blaskapelle führte, musste er dafür 10 Pfennig Tanzgeld an die Burschenschaft abführen!

Beginnend in den mittleren Jahren des letzten Jahrhunderts musste auch das Schlossbergfest der fortschreitenden Technik Tribut zollen. Damit die Autos ohne Schäden zu erleiden den Weg zum Schlossberg fahren konnten, wurde der Weg von Schönau zum Festplatz durch die Burschenschaft jährlich ausgebessert. Mit Schlepper und Wagen wurde Schotter aus dem Steinbruch am Bernebach herbeigefahren, um die Fahrrinnen und Schlaglöcher auszubessern. Und trotzdem wurde die Mühe nicht immer belohnt. Als wenn es auch zur Tradition gehörte, die Gewitter mit ihren starken Regengüssen blieben auch an manchen Jahren dem Himmelfahrtsfest treu.

Mit dem Abschluss der Vorbereitungen zum Fest kamen die Zelte und Buden auf den Schlossberg. Traditionell angestammte Plätze wurden in jedem Jahr wiederbelegt. Die zwei Bierzelte der einheimischen Gaststätten Tobin/Möller und Siebert wurden mit Holzgerüsten aufgestellt. Glänzers Zuckerbude aus Mengsberg hatte ihren festen Platz ebenso wie Schaumburgs Eiswagen aus Dodenhausen. Später kam zur Freude der Jüngeren die Schießbude dazu. „Hurra, Schütze Bumm ist da!“, ließ das Herz der Kleinen höher schlagen, konnten sie doch erstmals mit einem „echten“ Gewehr schießen!

Im Laufe der Jahre brachte jedoch der technische Fortschritt immer höhere Anforderungen mit sich. Um die Kosten zu decken wurde von den Zelten und Buden ein Standgeld erhoben; die Eintrittsgelder an den drei Zugängen („Schönauer, Densberger und Moischeider Weg“) mussten erhöht werden. Aus der Blaskapelle wurde eine elektronisch unterstütze Musik, die die Bereitstellung eines Stromgenerators erforderte. Behördliche Auflagen in der Form des Brandschutzes, Aufstellen von Toilettenhäuschen, fließendes Wasser, u.a.m., führten dazu, dass das Himmelfahrtsfest auf dem Schlossberg finanziell nicht mehr durchzuführen war.
Himmelfahrtskasse in den 1970ern
In den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts wurde die Burschenschaft Schönau aufgelöst und die Freiwillige Feuerwehr übernahm die Organisation des Festes. Aus den vorher genannten Gründen wurde erstmals 1978 das Himmelfahrtsfest auf dem ehemaligen Schulhof und in den Folgejahren auf dem Festplatz in Schönau gefeiert.

Der Fortbestand des Festes ist nicht gefährdet. Nur wer die Atmosphäre des Schlossberges mit seinem Himmelfahrtsfest noch kennt, denkt wehmütig daran zurück. Auch wenn es noch keine 25 Jahre her sind, als zum letzten Mal dort am Himmelfahrtstag gefeiert wurde, es gehört auch schon zur guten alten Zeit.



Manfred Hund